EU Data Act und Unified Namespace
Was bedeutet das neue EU-Gesetz für KMU, Produktion & Fertigung?

Der neue EU Data Act steht in den Startlöchern – das Gesetz regelt EU-weit den Umgang mit Daten, die im Internet of Things (IoT) geschaffen wurden. Auf mittelständische Unternehmen kommt einiges zu: Neue Chancen, bislang unbekannte und nicht genutzte Daten aus ihrer Produktion zu erschließen. Aber laut Data Act müssen auch Daten bereitgestellt werden. Dies greift bei Notfällen oder generell für die Anbieter von IoT-vernetzen Maschinen wie z.B. einige Maschinenbauer. Wichtige Basis ist eine einheitliche Struktur für Daten.

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Was ist der EU Data Act?

Mit dem EU Data Act (auf Deutsch Datengesetz) zielt die Europäische Union auf eine Harmonisierung der Vorschriften für fairen Zugang und Nutzung von Daten. Der Data Act ergänzt die Verordnung Data Governance. Im Data Act wird geregelt, wer Daten unter welchen Bedingungen nutzen darf.

Wann tritt der EU Data Act in Kraft?

Am 9. November 2023 wurde das Gesetz beschlossen, nachdem das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union (EU) am 28. Juni 2023 eine politische Einigung über das Datengesetz erzielt hatten. Bereits im Februar 2023 wurde die Verordnung von der EU-Kommission angenommen. Das Gesetz ist nach seiner Verabschiedung 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft getreten und wird nach 20 Monaten im Herbst 2025 anwendbar sein. Nach einer Verabschiedung des Gesetzes durch die EU wäre der nächste Schritt üblicherweise die Durchsetzung in den Mitgliedsstaaten.

Für welche Daten gilt der Data Act?

Der Data Act gilt für Daten, die durch die Digitalisierung mit vernetzten Geräten generiert wurden. Dies umfasst alle vernetzen smarten Objekte, Maschinen und Geräte. Damit sollen Regeln für die Nutzung von Daten festgelegt werden, die von Internet of Things (IoT)-Devices generiert werden. Ähnlich wie beim Kauf eines Elektrogerätes das Produkt in seiner Gesamtheit auf den Käufer übergeht, soll dies auch bei mit dem IoT vernetzen Geräten gehandhabt werden. Nutzer sollen die von ihnen generierten Daten leichter übertragen können.

Der Data Act betrifft Daten, die durch die Digitalisierung vernetzter Geräte (IoT-Devices) wie smarte Objekte, Maschinen und Geräte entstehen, und er zielt darauf ab, Regeln für deren Nutzung zu etablieren. 

Warum gibt es den EU Data Act?

Im Datengesetz sieht die EU eine wichtige Maßnahme, um mehr Daten nutzbar zu machen und bereitzustellen – gemäß den Grundsätzen und Richtlinien der Europäischen Union. Sie wird als eine der zentralen Säulen für eine europäische Datenstrategie und die Gestaltung digitaler Transformation bezeichnet. Bei Daten, die über IoT-Geräte generiert wurden, war die Rechtslage zuvor unklar, gerade was die Rechte der Nutzer von IoT-Geräten angeht. Zudem war der Zugriff auf derartige Daten bislang mitunter von den Herstellern der Geräte eingeschränkt. Nutzer sollen in Zukunft die digitalen Daten, die sie selbst bei der Verwendung von IoT-Objekten erstellen, in vollem Umfang nutzen. So sollen wichtige digitale Daten nutzbar und gerecht verteilt werden, welche eine weitere Digitalisierung und Wertschöpfung ermöglichen können.

Datenzugang

Nutzer sollen die von ihnen generierten Daten leichter übertragen können.

Datennutzung

Nutzer sollen in Zukunft die digitalen Daten, die sie selbst bei der Verwendung von IoT-Objekten erstellen, in vollem Umfang nutzen.

Was ist der Effekt durch den Data Act?

Das Datengesetz wird mehr Daten für Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und zahlreiche weitere Nutzer bereitstellen. Dabei wird die Rechtssicherheit erhöht und Klarheit geschaffen, wer diese Daten unter welchen Bedingungen nutzen darf. So werden Hersteller ermutigt, in Datenerzeugung zu investieren und die Daten gleichzeitig für eine breite Masse an Datennutzern zugänglich gemacht. Auch kleine Akteure sollen in die Datenwirtschaft einsteigen können, so eines der erklärten Ziele. Zudem sollen mögliche vertragliche Ungleichgewichte ausbalanciert werden, die einen fairen Datenaustausch behindern.

Chancen des EU Data Act:

  • Echte Innovation
  • Nutzung von allen Daten – Wissen und Weisheit
  • Greenfield Märkte
  • Zusätzliche oder neue Dienstleistungen
  • Gleiche Ausgangsbedingungen für alle Unternehmen
  • Modernisierung und Digitalisierung der Fabrik
  • Harmonisierung der Regeln

Was bedeutet der Data Act für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)?

Kleine und mittelständische Unternehmen sollen bessere Startchancen haben, um mithilfe von ihren selbst via IoT-Devices erzeugten Daten und Übertragbarkeitsrechten zu konkurrieren und Innovationen zu entwickeln. Unternehmensdaten sollen in Europa zukünftig besser genutzt werden. Der Data Act soll daher Unternehmen ermöglichen, besseren Zugang zu Daten anderer Unternehmen zu bekommen, um so neue datengetriebene Geschäftsmodelle und Innovationen zu schaffen. KMU werden dabei vor missbräuchlichen Vertragsklauseln geschützt, die ein größerer Vertragspartner mit einer exponierten Marktposition ihnen bislang auferlegen konnte. Dazu werden Mustervertragsklauseln von der EU entwickelt, welche eine faire, gemeinsame Nutzung der Daten sicherstellen sollen.

Andererseits sollen Behörden bei einem Notfall auch Zugriff auf Daten aus der Wirtschaft erhalten können, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Es kann also auch der Fall eintreten, dass Daten bereitgestellt werden müssen, sei es von den Anbietern von IoT-Diensten oder von den Nutzern solcher Dienste, wenn daraus wichtige Informationen gewonnen werden können, die in der Notfallabwehr helfen. Im Rahmen des Data Act kommt auch die bestehende Datenbankrichtlinie und speziell das sui generis Datenbankrecht (das Recht, den Inhalt bestimmter Datenbanken zu schützen) und seine Anwendung auf IoT-Daten auf den Prüfstand. 

Chancen - insbesondere für KMU:

Welche neuen Daten gibt es für Produktion und Fertigung?

In vielen Produktionshallen läuft die Kommunikation rund. Immer wieder werden unsichtbare Signale von Maschine zu Maschine zu Device gesendet. Zukünftig sollen Daten über die Funktionsweise und Effektivität von Industrieanlagen jenen Produktionsunternehmen zur Verfügung stellen, die IoT-Dienste nutzen. Diese Leistungs- und Nutzungsdaten ermöglichen eine Optimierung des laufenden Betriebs und aller IoT-gestützten Prozesse. So lassen sich Betriebszyklen, Produktionslinien und Supply Chain Management mittels Daten, Big Data und Künstlicher Intelligenz genau auswerten und gezielt optimieren.

Was ist bisher mit IoT-Maschinendaten passiert?

Es ist kein seltener Fall, dass Produktionsunternehmen keinen direkten Zugriff auf jene Daten haben, die ihr Betrieb erzeugt. In solchen Fällen werden die IoT-Daten zentralisiert vom Anbieter gespeichert. Die Daten sind zwar für den Hersteller einer Maschine besonders wichtig, da er seine Produkte optimieren möchte. Diese Hoheit über die Daten möchte die Europäische Union jetzt ändern. Geschlossene Herstellerkreisläufe sollen durchlässig gemacht werden: So könnte ein Produktionsunternehmen schon bald die Software von einem anderen Anbieter beziehen als die Datenbank, und nicht alles vom gleichen Hersteller. 

Auch die Maschinen mit Schnittstellen sollen nicht mehr notwendigerweise geschlossene Kreisläufe bilden, sondern kombinierbar mit den Lösungen anderer Anbieter sein.

Dateninteroperabilität – wie sollen Systeme und Daten zusammenspielen?

Nutzer sollen leichter zwischen verschiedenen Anbietern von Datenverarbeitungsdiensten wechseln können. Im Fokus steht dabei das Ziel einer verbesserten Dateninteroperabilität. In der Folge können sich Nutzer für einen Wartungsanbieter ihrer Wahl entscheiden oder einfacher aus laufenden Projekten zu einem alternativen Dienstanbieter wechseln. Zudem erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass man Geräte selbst warten oder betreiben kann, da Daten vollumfänglich zur Hand sind.

Wie können die Daten genutzt werden?

Technische Grundlage für die weitere Nutzung von Daten ist eine einheitliche Datenstruktur. Dazu müssen Daten in den unterschiedlichsten Arten und Formaten in eine einheitliche Form gebracht werden. Wenn die Daten einer solchen Daten-Architektur entsprechen, können sie auch weiterverarbeitet werden – sei es in Form einer Auswertung, einer Bearbeitung oder einer Weitergabe.

Unified Namespace als Norm-Beispiel einer übergreifenden Datenstruktur

Unified Namespace (UNS) ist ein einheitlicher Namensraum, in dem Daten zu einer konsistenten Datenstruktur zusammengeführt werden. UNS dient damit als Datensammelpunkt für Daten aus verschiedenen Quellen. Diese können zum Beispiel aus einem Manufacturing Execution System (MES) oder einem Enterprise Resource Planning (ERP) System kommen und zusammengeführt werden, um eine gemeinsame Datenstruktur zu schaffen. UNS basiert auf der internationalen Norm ISA-95, die von der International Electrotechnical Commission (IEC) und der International Society of Automation (ISA) entwickelt wurde. Unified Namespace ist ein innovatives Datenmodell, das eine saubere Datenbankstruktur ermöglicht und mit einem hohen Maß an Konnektivität den Datenaustausch vereinfacht.

Was kommt auf Maschinenbauer mit IoT-Angeboten zu?

Neben den Betreibern von Maschinen sind aber ganz besonders die Hersteller und Anbieter von IoT-basierten Diensten, Devices und Maschinen betroffen. Auf sie kommen nämlich statt Chancen auch umfassende neue Pflichten zu. Dies können auch Maschinenbauer sein, die Produktionsunternehmen zu ihrem Kundenkreis zählen. Einige Maschinenhersteller bieten zusätzliche Dienstleistungen an: So können sie die Maschinen, die sie Kunden verkauft haben, an das IoT anbinden. Dadurch lassen sich sämtliche Daten aus dem Maschinenbetrieb in Echtzeit auf den Unified Namespace übertragen und in weitere Systeme, bspw. in das MES einspeisen. Der Unified Namespace ist dann jene virtuelle Ebene, auf der Daten aufbereitet und für weitere Applikationen zur Verfügung gestellt werden. Die Maschinenanbindung sowie die Datenübertragung können in unterschiedlichen Vertragsformen mit dem Kunden vereinbart werden. Auf Basis der gesammelten Daten kann der Maschinenhersteller sowohl für seine Kunden als auch für sich selbst einen Mehrwert generieren. Dieses Vertragsverhältnis wird in Zukunft durch den Data Act genau geregelt. 

Im Fokus steht die Produktivitätssteigerung der Kundenprozesse sowie der internen Unternehmensprozesse. Folglich kann zwischen einer kundenzentrierten Sicht und einer wertschöpfungszentrierten Sicht auf die Digitalisierung unterschieden werden. Einerseits hat der Maschinenhersteller die Möglichkeit, dem Kunden Software zu verkaufen. Dieses Geschäftsmodell wird als Software-as-a-Service-Modell bezeichnet. Basierend auf den Daten kann der Maschinenhersteller Applikationen entwickeln und dem Kunden über eine andere Plattform zur Verfügung stellen. Die Applikationen unterstützen den Kunden, die Maschinen und Anlagen effizienter zu betreiben. Andererseits kann der Maschinenhersteller dem Kunden neue, kundenspezifische Dienstleistungen und auf den individuellen Bedarf des Kunden zugeschnittene Geschäftsmodelle wie Pay-per-Use anbieten. Zu beachten ist jetzt jedoch, dass hier ein Anbieterwechsel viel einfacher möglich sein soll, als das bislang Praxis war. Die jetzt von Data Act umfassten datenbasierten Dienstleistungen werden auch Smart Services genannt und beziehen sich in der Regel auf die Datenauswertung, das Wartungssystem und auf die Zustandsüberwachung der Maschinen beim Kunden. In diesem Rahmen ist vor allem das Thema vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) präsent. Auf Basis der Daten war es dem Maschinenhersteller möglich, den Kunden frühzeitig über notwendige Wartungsarbeiten zu informieren, sodass Maschinenstillstände vermieden werden können. In Zukunft soll diese alles überblickende Position jedoch verschoben werden. Werden die Daten an den Kunden bereitgestellt, so kann dieser ggf. selbst gewissen Tätigkeiten erledigen oder zu einem anderen Anbieter für IoT-Dienste wechseln. Um die Daten auswerten zu können, müssen sie strukturiert werden.

Wie ein MES Daten verfügbar macht

Mit IoT MES werden mittels Sensorik alle produktionsbezogenen Daten erfasst und verarbeitet. Die Daten dienen als Grundlage zur Berechnung verschiedener für die Produktion relevanter Informationen: GAE (OEE), Verfügbarkeit von Maschinen, Ursache von Maschinenstillständen, Produktionsausschusses (Anzahl OK/NOK-Teile). Wenn Daten in Echtzeit erfasst und in das MES-System übertragen werden, d.h. live verfügbar sind, lassen sich ganze Produktionsprozesse bis hin zu einzelnen Produktionsschritte überwachen und effektiv steuern. Dazu können Regeln definiert und entsprechende Personen (z.B. Schichtleiter) hinterlegt werden, die bei bestimmten bzw. kritischen Produktionsereignisse benachrichtigt werden. Von „Execution“ (Steuerung) zur Produktionsoptimierung (Regelung). Ein MOM gibt Übersicht zur Optimierung von Produktionsabläufen auf Basis von Echtzeitdaten, die direkt von den Produktionsmaschinen abgegriffen werden. Meist erfolgt dabei der Datenbezug über einen Retrofit mit IoT-Sensorik. MOM wird es erlauben, die Produktion in allen Lebenszyklen und in Echtzeit zu optimieren. Mit Comarch IoT MES werden nicht nur alle produktionsrelevanten Daten in Echtzeit erfasst, sondern an einem zentralen Datendrehpunkt, dem Unified Namespace, zusammengetragen, verarbeitet, gespeichert und mithilfe von Algorithmen systematisch ausgewertet. Basierend auf den analysierten Daten ist es Unternehmen möglich, wertvolle geschäftliche Erkenntnisse abzuleiten und Optimierungsmöglichkeiten zu identifizieren.

Comarch IoT MES als offene und mit dem EU Data Act voll kompatible IoT-Lösung

So wird die Datenstruktur vereinheitlicht und es entsteht ein Hub von Daten, der von jedem eingesetzten System gespeist wird, wobei die Daten jederzeit abrufbar sind. Statt einer eigenen Schnittstelle für jede Plattform kann so einheitlich standardisiert und unter einheitlichen Namen gespeichert werden. Unified Namespace wird nicht erwähnt oder gar vorgeschrieben im EU Data Act, es ist jedoch eine innovative Antwort, mit der Comarch die IT-Architektur rund um IoT zukunftssicher baut. Eine gemeinsame Datenstruktur wird so ermöglicht in einem Data Hub und einer Data Location, die gekoppelt ist an IoT MES, das wiederum auf Unified Namespace basiert. Zudem lassen sich dank der offenen Architektur auch beliebige Tools von Drittanbietern integrieren, etwa ein BI.

Eine UNS-basierte Architektur kann leicht mit Drittanbietern integriert und dank offener Schnittstellen in eine gemeinsame Datenstruktur umgewandelt werden. Andere MES-Lösungen müssen langfristig angepasst werden, damit sie den im EU Data Act vorgestellten Offenheits-Standard erfüllen und Schnittstellen schaffen. Dies könnte laut Experten Monate oder sogar Jahre dauern. So erfüllt Comarch IoT MES bereits heute die Kriterien einer European-Data-Spaces-Datenstruktur. Die Sprache von Comarch IoT MES ist so universell wie UNS, daher lassen sich einfach Daten von verschiedenen Systemen und Maschinen in Unified Namespace integrieren.

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Bei Fragen zu IoT, Daten, MES und UNS und EU Data Act stehen gerne unsere Experten für Sie bereit.

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