Wie sich Unternehmen auf die XRechnung vorbereiten sollten
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Interview mit Dr. Donovan Pfaff, Geschäftsführer der Bonpago GmbH
Die XRechnung kommt. Ab dem 27. November 2020 gilt die Verpflichtung zum elektronischen Rechnungsversand an öffentliche Auftraggeber des Bundes. Auch auf Landes- und Kommunalebene ist in den nächsten Jahren schrittweise mit einer Lieferanten-Verpflichtung zu rechnen. Was dies für Unternehmen und Auftraggeber bedeutet und wo Chancen oder Fallstricke liegen, erläutert Dr. Donovan Pfaff im Interview. Vertiefen wird er dies im Webinar am 27. Mai.
Home-Office und Einschränkungen versetzen die Unternehmen in einen Praxistest. Wie weit ist Deutschland in Sachen Digitalisierung?
Dr. Donovan Pfaff: „Es ist noch viel Luft nach oben! Seit Jahren diskutieren wir über die Digitalisierung und deren Relevanz für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen – und dennoch sehen wir gerade jetzt, in der Corona-Krise, dass in Unternehmen noch nicht ausreichend oder nachhaltig digitalisiert wurde. Schwächen in der internen Organisation werden gerade in Krisenzeiten deutlich. Verschenkte Optimierungspotenziale sehen wir dabei vor allem im Gesundheits- und Bildungssektor. Wir hoffen, dass die Corona-Krise nun viele aus dem jahrelangen Dornröschenschlaf geweckt hat. Es ist Zeit die internen Prozesse zu überdenken und neu zu gestalten sowie Tools einzuführen, die Unternehmen nachhaltig in der Zusammenarbeit unterstützen. Denn irgendwann ist irgendwann zu spät.“
Die XRechnung kommt. Könnten Sie kurz den aktuellen Stand umreißen?
Dr. Donovan Pfaff: „Die Bundesverwaltung muss bereits seit November 2019 elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten. Spätestens seit dem 18. April 2020 sind auch öffentliche Auftraggeber auf Landes- und Kommunalebene verpflichtet, am elektronischen Rechnungsaustausch teilzunehmen. Wie dieser konkret ausgestaltet ist, welche Übertragungswege zu nutzen sind und welche Ausnahmen gelten, regeln Bund und Länder individuell und in der Regel über Verordnungen. Nähere Informationen hierzu finden sich unter www.xrechnung.de. Im Allgemeinen ist zumindest die Bundesverwaltung gut vorbereitet. Kritischer sieht es bei den Lieferanten aus. Ab dem 27. November 2020 gilt für sie die Verpflichtung zum elektronischen Rechnungsversand an öffentliche Auftraggeber des Bundes. Auch auf Landes- und Kommunalebene ist in den nächsten Jahren schrittweise mit einer Lieferanten-Verpflichtung zu rechnen.“
Was bedeutet die XRechnungspflicht für Behörden und Unternehmen?
Dr. Donovan Pfaff: „Grundsätzlich bietet die Einführung der E-Rechnung für Behörden und Unternehmen die Chance auf Einsparungen, Effizienzsteigerung und Transparenz. Durch die elektronische Rechnung ist auch die dezentrale Bearbeitung von Rechnungen möglich. Die Verpflichtung zur E-Rechnung kann dabei als Anstoß zur Digitalen Transformation in Unternehmen und Verwaltung betrachtet werden. Rechnungen betreffen nahezu alle Mitarbeiter.
Es gilt zwischen der Annahmepflicht für Verwaltungen und der Pflicht zum Versand der elektronischen Rechnung zu unterscheiden. Dies ist in der aktuellen Diskussion besonders wichtig. Im Kern heißt das übersetzt: An die Bundesverwaltung muss ab 27.11.2020 elektronisch eingeliefert werden, alle anderen Verwaltungen müssen i.d.R. nur empfangen können, wenn die Lieferanten sich dazu entschließen.
Die Umsetzung der E-Rechnung erfordert organisatorische, prozessuale und technische Anpassungen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Umstellung Zeit kostet. Je nach Ressourcenlage und technischen Voraussetzungen muss richtig und termingerecht geplant werden.“
Wie kann man sich ein typisches Projektvorgehen bei der Einführung der XRechnung vorstellen?
Dr. Donovan Pfaff: „Natürlich birgt jedes Projekt neue Herausforderungen und individuelle Anforderungen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass speziell die Anforderungen der XRechnung und die Integration einer Leitweg-ID die Unternehmen bei der aktuellen, häufig heterogenen Systemstruktur vor große Herausforderungen stellt. In der folgenden Abbildung ist ein ideales und erprobtes Projektvorgehen für die Umstellung auf den elektronischen Rechnungsversand dargestellt:
Das Vorgehen ist aber nur ein Baustein für ein erfolgreiches Projekt. In jedem Projekt haben wir es vor allem mit Menschen zu tun: Mitarbeiter im Projekt und Nutzer des Projektergebnisses in der Organisation müssen von Beginn an mit eingebunden werden.“
Welche Tipps lassen sich aus bisherigen Rollout-Erfahrungen ableiten?
Dr. Donovan Pfaff: „Das Warten hilft keinem. Unsere Erfahrungen zeigen, dass trotz der Verpflichtung zur E-Rechnung viele Unternehmen mit der Umsetzung nur zögerlich vorankommen. Natürlich ist die Thematik komplex – aber wenn Unternehmen jetzt nicht handeln, wird der fristgerechte Rollout schwierig. Beginnen Sie also rechtzeitig mit der Projektplanung.
Betrachten Sie bei der Gestaltung des elektronischen Rechnungsaustauschs alle drei Ebenen der Standardisierung: Welche Inhalte müssen aus welchen Systemen gespeist und über welchen Weg versandt werden (Betrachtung der Inhalts-, Transport- und Prozessstandards).
Was wir auch immer wieder sagen – es geht nur im Teamwork. Nur wenn alle Beteiligten optimal aufeinander abgestimmt sind, können die oft dargestellten Vorteile der papierlosen Rechnungsstellung auch tatsächlich realisiert werden. Öffentliche Auftraggeber sollten die Ansprache ihrer Lieferanten zeitnah planen und durchführen, um die Früchte der Einführung der E-Rechnung so bald wie möglich ernten zu können. Als Lieferant der öffentlichen Verwaltung sollten Sie in einem ersten Schritt die Funktionalitäten Ihrer Systeme im Rechnungsausgang prüfen und sicherstellen, dass Sie den neuen Standard XRechnung bedienen können.
Wenn die Ressourcen im Unternehmen zur Umsetzung der E-Rechnung nicht vorhanden sind, raten wir, externe Partner rechtzeitig in das Projekt einzubinden. Externe Partner sollten nämlich nicht nur in Extremsituationen in Betracht gezogen werden. Profitieren Sie bei der Digitalisierung von tiefem Fachwissen und Erfahrungen aus anderen Unternehmungen sowie fundierter Methodenkompetenz und Unvoreingenommenheit.“
Laut aktuellem Trend Report von Handelsblatt Research, YouGov und Comarch versendet jedes dritte Unternehmen keine digitalen Rechnungen. Auch eine ältere Studie von Fraunhofer und Comarch kommt zu diesem Ergebnis: Ein Drittel der umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland hat noch keine Software für E-Invoicing, zwei Drittel konnten sich dagegen bereits zu einem Softwareeinsatz äußern. Davon erklärten 59%, dass alle ihre Erwartungen erfüllt wurden. Wie schätzen Sie dieses Ergebnis ein?
Dr. Donovan Pfaff: „Früher oder später wird jeder die Vorteile des elektronischen Rechnungsaustauschs erkennen und nutzen wollen. Um das zu beschleunigen, halten wie die E-Rechnungspflicht für absolut notwendig. Denn auch wenn wir alle die Potenziale kennen, die die Digitalisierung bietet, bleiben noch zu viele in ihrer Komfortzone. Dies sehen wir gerade bei dem Weckruf im Rahmen der Corona-Pandemie – wenn wir wollen und müssen, klappt einiges!“
Sie sprechen im Webinar über die Digitalisierung im Finanz- und Rechnungswesen zur Sicherung der Liquidität. Wie hängen digital und liquide zusammen?
Dr. Donovan Pfaff: „Durch die Optimierung und Digitalisierung von Geschäftsprozessen sowie die richtige Integration neuer Technologien können Unternehmen Liquidität nachhaltig sicherstellen und steuern und so ihre Zukunftsfähigkeit langfristig sichern. Insbesondere die Digitalisierung von Finanzprozessen kann durch die Bereitstellung von Transparenz und Schnelligkeit in den Prozessen stabile Einkommensflüsse ermöglichen.
So können Unternehmen durch die erfolgreiche Umsetzung der E-Rechnung Kosten sparen, ihren Rechnungsausgang beschleunigen und durch entsprechend frühere Zahlungsziele oder neue Finanzierungsinstrumente ihren Cashflow optimieren. Gerade in der aktuellen Corona-Krise wird die Bedeutung von digitalen Finanzprozessen deutlich. Findet der Rechnungsaustausch nicht elektronisch statt, wird es im Homeoffice schwierig. Finanzmittel können aufgrund von einer nicht transparenten Buchhaltung nicht oder nur verzögert ausgezahlt werden. Wer zukünftig gut bezahlen will oder bezahlt werden möchte, braucht die E-Rechnung.“
Webinar: Die Digitalisierung im Finanz- und Rechnungswesen zur Sicherung der Liquidität
Live hören Sie Dr. Donovan Pfaff am 27. Mai um 10:00 Uhr im Webinar mit dem Titel „Die Digitalisierung im Finanz- und Rechnungswesen zur Sicherung der Liquidität – wie die Verpflichtung zur elektronischen Rechnung einen wichtigen Beitrag liefert!“. Profitieren Sie von seinem umfassenden Praxiswissen und Know-How zum Thema XRechnung. Weitere Informationen sowie kostenlose Anmeldung unter:
https://www.comarch.de/service-und-support/events-und-webinare/e-invoicing/webinar-xrechnung-und-liquiditaet/
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